Die Gründe, warum das Fernlicht in Mitteleuropa so selten zum Einsatz kommt, sind vielfältig. Da ist zum einen die Verkehrsdichte, die Autos selten allein auf Straßenabschnitten lässt. Die zunehmende Urbanisierung – sprich: der Stadtverkehr – spielt ebenfalls eine große Rolle. In Taxis und Stadtbussen fristet das Fernlicht ein unbenutztes Dasein. Doch es gibt auch Fahrer, die selbst auf einsamen Landstraßen nur mit Abblendlicht unterwegs sind. Manche vergessen schlicht, dass es die volle Beleuchtung gibt. Andere befürchten ständig, andere zu blenden und schalten deshalb nicht oder viel zu früh um. Auch Bequemlichkeit spielt mitunter eine Rolle.

Deutlich weitere Sicht

Bleibt nur zu hoffen, dass der Verzicht aufs Fernlicht mit einer dazu passenden Geschwindigkeit verbunden ist. Unter Berücksichtigung der Grundregel „Fahren auf Sicht“ sind selbst mit bestem Licht kaum mehr als 80 Kilometer pro Stunde möglich. Bei höherem Tempo käme das Auto nach einer Notbremsung erst in Straßenabschnitten zum Stehen, die vorher nicht ausgeleuchtet waren. In Deutschland und vielen anderen Ländern sind von der Grundregel nur Fahrten auf der Autobahn ausgenommen. Allerdings auch nur, wenn der Straßenverlauf beispielsweise durch Leitpfosten erkennbar ist. Mit Fernlicht ist praktisch jede zulässige Landstraßengeschwindigkeit möglich.

Dass das volle Licht so selten zum Einsatz kommt, ist zudem ein mitteleuropäisches Phänomen. In Fachkreisen unbestritten ist, dass die Nutzung öfter möglich wäre. Skandinavier fahren beispielsweise öfter mit Fernlicht, in dünn besiedelten Regionen manchmal sogar überwiegend. Obwohl moderne Autos die Montage nicht gerade erleichtern, sind in diesen Gegenden sogar Zusatzscheinwerfer immer noch beliebt. Insgesamt gesehen muss Topp-Performance allerdings beim Fernlicht nicht unbedingt erforderlich. Riesige Reichweiten von über 500 Meter sind extrem selten hilfreich – wenn überhaupt je. Deshalb sollte niemand das Autolicht nach dem Fernlicht beurteilen. Der Fokus muss auf dem Abblendlicht liegen.

Blendfreies Fernlicht

Auch wenn das Fernlicht in manchen Autos ein buchstäbliches Schattendasein fristet, wird es uns erhalten bleiben. Und das nicht nur, weil es schlicht vorgeschrieben ist. Vielleicht wird es sogar einmal das Abblendlicht überleben. Die modernste Form – das blendfreie Fernlicht – kennt ja praktisch keinen starren Unterschied mehr. Der Scheinwerfer bringt stets genau so viel Licht auf die Straße, wie ohne Blendung anderer Verkehrsteilnehmer möglich ist. In mehr als der Hälfte der Zeit leuchtet dabei deutlich mehr als es das Abblendlicht täte.

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