
„Oh, was ist das da denn für ein Auto …?“ Schwer zu sagen im neuen Jahrtausend. Mit einigen Ausnahmen. Es gab eine Zeit, da unterschieden sich die verschiedenen Automarken auch optisch markant voneinander. Und es gab und gibt noch immer Gesichter in der Menge, die sich von allen anderen abheben – nicht zuletzt durch das Design und die Anordnung ihrer Scheinwerfer. Unsere kleine Reihe stellt subjektiv ausgewählt die spektakulärsten oder schrägsten Autofronten vor, einige längst vergessen, andere noch immer im Straßenbild vorhanden. Heute wird es sprichwörtlich schräg, zumindest die Motorhaube. Beim VW Passat B3 war anfangs nicht einmal ein Kühlergrill zu sehen.
Es gibt schöne Autos, es gibt praktische Autos. Sparsame Autos und luxuriös ausgestattete Autos. Solange Menschen verschiedene Bedürfnisse mit unterschiedlichen Geschmäckern kombinieren müssen, wird es auch immer wieder Autos geben, über die gelacht wird. Oder geschimpft. Manchmal direkt nach ihrem Erscheinen, manchmal erst Jahrzehnte später. Als 1988 der neue VW Passat dem Publikum vorgestellt wurde, machten zumindest alle erst einmal große Augen. Der quer eingebaute Motor ließ nicht nur einen auch für heutige Verhältnisse riesengroßen Innenraum zu, er benötigte darüber hinaus keine lange Motorhaube mehr. Die fiel also steil und schräg nach unten ab und mündete in … keinem Kühlergrill. Den designte man in Wolfsburg mutig weg und verbannte ihn unaufgeregt unter die Stoßfänger, wo noch genug Luft zur Motorkühlung angesaugt werden konnte. Das sah komisch aus. Schlicht, aber irgendwie komisch. Einigen wir uns auf „ungewohnt“.
Das Volk mochte keine Veränderungen, schnell war der Spitzname „Nasenbär“ geboren. Dass in den späten 60ern der VW 411 auch schon so genannt wurde, daran konnten sich vermutlich nur noch die wenigsten erinnern. Es sind heute nicht mehr sehr viele Passat dieser Baureihe unterwegs. Sie waren nicht rostanfällig, sie hatten robuste und als Diesel auch sehr sparsame Motoren, die Ersatzteile sind noch immer spottbillig und das Platzangebot legendär. Aber es waren eben Arbeitstiere. Unemotional, unaufgeregt. Sowas heben die wenigsten Menschen lange auf, wenn der Wert selbst für gepflegte Exemplare unter die 500€-Grenze fällt. Dabei ist dieses Gefühl, dass sich eine Schrankwand im Rückspiegel nähert, den meisten von uns sicherlich noch präsent. Linke Spur konnte er ebenfalls, der B3, die Motoren gingen mit dem G60 und dem VR6 hoch bis 174 PS!
Die Nase ohne Kühlergrill wurde von einer H4 Kombination flankiert, in einigen Ausbaustufen rüsteten Fans im Zubehör erhältliche „Tunung“ Scheinwerfer nach. Aber selbst H4 ist in diesen guten Scheinwerfern noch immer einigermaßen zeitgemäß. Fünf Jahre nach seiner Vorstellung erfuhr das erfolgreiche Modell eine große Überarbeitung, und man gab mit dem B4 dem Volk den Kühlergrill zurück. Mit dem Facelift kam auch der TDI. Bei unserem hier gezeigten allerersten B3 Typ 35i von Benedikt Radecker ist noch alles so, wie es von den Designern erdacht und im Werk in Emden gebaut wurde. Fast 30 Jahre später sieht das so aufgeräumt aus wie ein Bauhaus-Design, und das polarisiert nicht mehr. Das lässt innehalten, nachdenken und Freude aufkommen. Ist es Altersmilde in unserem Blick? Oder zeigt sich wahre, automobile Perfektion erst viel später? Das könnt ihr selbst entscheiden.
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Hallo, das Model gab es nicht mit Xenon. Optional gab es von Hella Halogen – Doppelscheinwerfer
Hallo Heiko,
stimmt. Ich habe das korrigiert. Ich muss mit angerötetem Gesicht gestehen, dass ich bei meiner Recherche bei einem Datenblatt auf den Passat 3b „gerutscht“ bin. Also das wesentlich spätere Modell. Deshalb auch die H7 Lampen. Natürlich war das alles 1988 noch Zukunftsmusik. Sorry und danke für a) die Aufmerksamkeit und b) den Hinweis. Ich habe das korrigiert 😉
Jens
Guten Abend!
Dieser Artikel ist ja mal sowas von schlecht recherchiert. Xenon gab es in diesem Auto NIE!!! Es gab zwar Hella Zubehörleuchten mit Linsen, jedoch niemals mit Xenon. Desweiteren endet die Motorenpalette nicht mit dem 2.0 16V sondern umfasst ebenfalls den 160ps starken G60, den 174Ps starken VR6 sowie das Vw Motorsport Sondermodell mit 2.0 16V G60 und 211PS.
Schönen Abend noch!
Hallo Samuel,
ja und nein. Ich habe tatsächlich einen Fehler gemacht, ich bin bei meiner Recherche bei zwei Datenblättern zum Passat 3b gerutscht, also dem wesentlich später gebauten Modell. Da habe ich mir den Schnitzer mit den Lampen eingefangen, entschuldigung, wer konnte denn ahnen dass VW einen Passat 3b und den anderen B3 nennt. In meinem Alter führt das dann schon mal zu Verwirrung 😉
Bei den Motoren hatte ich mich auf die Standardversionen beschränkt, den VR6 und den G60 habe ich eben gerade noch ergänzt.
Danke für deine Aufmerksamkeit, und dass du die Fehler sachlich vorgetragen hast. Das ist einigen anderen hier leider nicht gelungen, diese Kommentare haben wir wieder verborgen.
Ich gelobe Besserung und werde mir die Tage so ein Modell kaufen. Echt jetzt…
Jens
Hallo Jens, über die „Beleuchtungs-Schnitzer“ sehe ich komplett hinweg – das kann jedem passieren. Der Kernaussage deines – wie immer sehr interessant geschriebenen – Artikels stimme ich komplett zu. Ja, der Passat Nasenbär war sehr ungewöhnlich und für viele auch gewöhnungsbedürftig. Ich hatte das Glück, dieses Auto in einer ganz frühen Phase kennen lernen zu dürfen. Wirklich sagenhaft das Platzangebot. Nur die Seilzugschaltung schätzte ich als suboptimale Konstruktion ein und die massenhaft mit gerissenen Zügen liegen gebliebenen Passatlenker mutierten wieder einmal zu frustrierten Testfahrern des Autokonzerns. Und die Optik des Autos? Ich fand sie damals absolut stylisch und heute immer noch zeitlos. Ein Gesicht, das sich wohltuend aus der großen Masse bis zum heutigen Tage hervor hebt. Schade, dass in Zeiten, in denen man problemlos auch jeden Opel mit einem fernöstlichen Modell verwechseln kann, die Ingenieure nicht mehr den Mut haben (oder auch nicht mehr haben dürfen), mit ihrem Ideenreichtum eine wirklich bleibende Erinnerung in der automobilen Landschaft zu schaffen. Herzliche Grüße aus der Lüneburger Heide…
Hallo Jeff,
du hast die Kernaussage meiner Zeilen verinnerlicht. Trotzdem bin ich froh über die anderen, die mich auf Fehler hinweisen. Meine eigene automobile Passion ist so weit weg von einem Passat B3 wie der Saturn von der Erde. Da kann ich einfach nicht alles wissen. Gleichwohl ich das Modell seit meiner Recherchen ein bisschen cooler als vorher finde und sogar einen angeboten bekommen habe… Hm. Ich denke nach.
Mein Schwager hatte einen B3 Variant. Ich habe keine Ahnung, was für ein Motor oder welche Ausstattung. Aber das Platzangebot im Font, die Beinfreiheit und die gefühlte Größe – das ist mir im Kopf geblieben. Nachdem wir mit einem 5.7 Meter langen Cadillac DeVille gerade in Schweden waren, habe ich krasse Maßstäbe von der Größe des hinteren Fahrgastraums. Obwohl beim Cadillac ja das Hauptaugenmerk auf die Motorhaube und den Kofferraumdeckel gelegt wurden 😀 Das ist eine andere Geschichte.
Ich freu mich immer, wenn ich einen frühen B3 sehe. Jetzt noch mehr.
Jens
Hallo,
wenn man schon zum Thema Licht den VW Passat 35i bemüht, sollte man auch darauf hinweisen, dass in diesem Fahrzeug 1988 erstmals ein Scheinwerfer mit einem Freiflächen-Reflektor in Serie ging. Was das ist, kann der Herr Experte ja googeln…
MfG!
HCT
Hallo Hans Christian,
guter Einwurf. Da hier ein Schritt in die Richtung „weg von den Streischeiben“ entwickelt wurde, wäre es sicherlich eine Erwähnung wert gewesen.
Ich selbst lerne bei diesem Auto ein bisschen was dazu, ich habe mich für den ehrlich gesagt privat nie interessiert… Auch wenn ich mal einen B4 Variant mit TDI hatte. Aber den habe ich wohl verdrängt.
Prinzipiell geht es in dieser Serie ja um die Gesichter der Autos und nicht um technische Details, weder in der Beleuchtung noch beim rest des Fahrzeugs. Die Expertenexpertise macht ja immer unser Fritz.
Trotzdem danke für deinen Hinweis. Irgendwann werde ich mal einen fundierten Artikel über dieses Auto schreiben, aber das ist wohl noch Jahre hin 😉
Viele beleuchtete Grüße aus Kiel
Jens
Sehr guter Artikel
Fahre nun seit 13 Jahren einen solchen kühlergrillbefreiten Passat. Eine unspektakuläre, dankbare Alltagskarre und Bauhure. Reparatur- und Pflegekosten in all den Jahren: 900,- incl. Frontscheiben- und Motorwechsel. Frintscheibe fiel einer Dachlawine im Winter zum Opfer. Motorenwechsel, nachdem ich den Wagen mal mit offenem Kühlwasserbehälter sauergefahren habe.
Die Reparatur der über die Jahre undicht gewordenen Luft- und Temperaturklappen dauerte mit meiner Methode 15 Minuten.
In Sachen Stauraum unter den alten deutschen Kombis wohl nur vom Ford Granada und vielleicht einem T-Modell aus Stuttgart übertroffen.
Ich würde mir immer wieder einen holen.
Ben, 52 Jahre