
„Oh, was ist das da denn für ein Auto …?“ Schwer zu sagen im neuen Jahrtausend. Mit einigen Ausnahmen. Es gab eine Zeit, da unterschieden sich die einzelnen Automarken auch optisch markant voneinander. Und es gab und gibt noch immer Gesichter in der Menge, die sich von allen anderen abheben – nicht zuletzt durch das Design und die Anordnung ihrer Scheinwerfer. Unsere kleine Reihe stellt subjektiv ausgewählt die spektakulärsten oder schrägsten Autofronten vor, einige längst vergessen, andere noch immer im Straßenbild vorhanden. Der Citroën C6 ist der letzte Saurier einer aussterbenden französischen Klasse.
Wir haben einen spürbaren Franzosenüberschuss in den vorgestellten Autos hier. Aus Gründen. Verschiedene französische Hersteller, allen voran Citroën, haben schon immer avantgardistische Automobile gebaut. Der C6 sollte diese Tradition nach einer kleinen Pause wieder aufleben lassen. Nach DS, CX und XM wurde 2005 wieder eine europäische Oberklasse vorgestellt, die mit liebevollen Zitaten ihrer Vorgänger, mehr als ungewöhnlichem Design und richtungsweisender Technik ein wenig Schwung ins Design der dicken Limousinen bringen sollte. Das gelang dem C6 mit Bravour, Tester bescheinigten Bestwerte auch in der Sicherheit. Und im Rückspiegel kommt der Gleiter auf dem wundervollen, wenn auch antiquierten Hydractiv-3-Fahrwerk angeschwebt und sieht von allen Seiten anders aus als alle anderen Autos. Breit, flach, mit langer Motorhaube und vielleicht Osram Cool Blue INTENSE XENARC DS2Lampen in den mitlenkenden Scheinwerfern? In den Foren wird jedenfalls von der Lichtleistung geschwärmt.
Von vielen kleinen und großen Details bemerkt man beim C6 nach dem Erstkontakt gar nichts. Dass die Motorhaube bei einem Unfall mit Fußgängern pyrotechnisch um gut 6 cm nach oben gedrückt wird und somit den harten Aufprall auf dem Motorblock verhindert, ist gut zu wissen, aber so etwas lieber nicht ausprobieren. Überfährt man ohne gesetzten Blinker die Fahrbahnränder (also schläft landläufig ausgedrückt ein), vibriert einen der Fahrersitz sofort wieder wach. Die konkave Heckscheibe erinnert an den CX und reinigt sich durch den Überdruck der Luft selbständig von Schmutz und Regentropfen. Die rahmenlosen Türen erinnern an die DS und sehen, wenn man sie aufmacht, einfach nur klasse aus. Die kleinen Knubbel am Heck, in denen die Rücklichter untergebracht sind, teilen die Meinung der Betrachter ebenso wie die langen vorderen Überhänge und auch das ungewöhnliche Innenraumdesign. Eben Citroën. Anders. Ich persönlich finde das großartig und kann mich gar nicht daran sattsehen.
Nach etwas mehr als 23.000 Fahrzeugen lief die Produktion im Dezember 2012 ohne Nachfolger aus. Sind Autofahrer nicht mehr bereit für Avantgarde aus Frankreich? Hat sich das Autofahren so sehr verändert? Ich weiß es nicht. Aber ich vermisse die schrägen Limousinen schon jetzt, und immer wenn eine im Rückspiegel auftaucht, mache ich andächtig Platz und lasse den fliegenden Teppich vorbeigleiten. Die Menschen hinter dem Steuer sehen fast immer glücklich aus. Überall, wo er auftaucht, verdreht der C6 die Köpfe der Passanten. So würden Kinder ein Auto malen. Klasse. Wer nun aufmerkt und ruft, der „Nachfolger“ würde ja in China noch immer gebaut, mag Recht haben … aber der ist so europäisch, wie ein europäisches Auto nur sein kann. Glatt und ohne Reiz. Na schauen wir mal, was der neue große Europäer Macron in Frankreich so bewegen wird. Der braucht ja schließlich eine Staatskarosse …?
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Oh ja!
Ein C6 steht auf der Liste der Autos, die ich irgendwann mal haben muß, recht weit oben.
Ay turboseize,
dann aber bald. Jetzt sind sie sehr günstig, und keiner will sie mehr haben (außer uns Bekloppten…). Ich wette mit dir, in rund 5 Jahren kommt irgendwo ein leckerer Bericht über den C6, und dann geht der Run auf die letzten guten Exemplare los. Sowas macht sogar einen verrosteten Taunus plötzlich teuer 🙁
Also. Phaeton und C6 jetzt. Nie waren sie so wertvoll wie heute.
Jens
netter Artikel warum allerdings das Hydraktive Fahrwerk mit Amvar das gab es nur im C6 (variable Rechnergesteuerte Adaptive Anpassung der Federung und Dämpfung) überholt sein soll erschließt sich mir nicht. Im Gegenteil es gibt für komfortables schnellfagren auf langen Strecken nicht besseres….
Hallo Thomas,
mein „überholt“ galt auch nicht dem Komfort oder dem Fahrerlebnis. Ich liebe Hydractiv Fahrwerke und genoss das in meinem XM Y4 ausgiebig. Der technische und elektronische Aufwand steht aber nach Auffassung der Automobilindustrie in keinem Verhältnis mehr zum MEHRgewinn an Komfort. Mit einem statischen, adaptiven Dämpfer (und ich rede hier nicht von straffen Konis oder sowas) kommt man auf einen annähernd vergleichbaren Komfort, der aber mit zunehmendem Alter einen wesentlich geringeren Wartungsaufwand hat. So war das gemeint.
Es lebe die Hydropneumatik! Es lebe der C6!
Leider sehen das nicht alle so. Deshalb verschwinden beide, meine Idee war das nicht…
Jens